Decision Poker – spielerisch reflektierte Entscheidungen treffen

Ein Spiel, das zur Handlungsfähigkeit bewegt, weil es Teams und Organisationen zu gut überlegten Entscheidungen befähigt.

Die Qual der Wahl

Nehme ich das Erdbeereis oder doch lieber Schokolade? – Das Treffen von Entscheidungen stellt für uns Menschen immer eine Herausforderung dar. Mich für eine Eissorte entscheiden zu müssen, erscheint nur trivial. Spätestens wenn ich aber ein Haus kaufe oder als Organisation über einschneidende Maßnahmen entscheiden muss, ist das alles nicht mehr so einfach.

Ernste Angelegenheiten

Die unternehmerische Praxis und selbst das Studium der Betriebswirtschaftslehre sind heute noch vom Zeitalter der Industrialisierung geprägt: Chefs und Chefinnen treffen die Entscheidungen und geben die Prozesse vor. Mitarbeiter haben zu folgen und Prozesse auszuführen.

Wir machen die Erfahrung, dass dieses Modell der Zusammenarbeit und Entscheidungsfindung bei anspruchsvolleren Marktbedingungen träge macht, statt die gewünschte „Agilität“ hervorzubringen.

Nichtsdestotrotz ist auch vermehrt in Organisationen ein anderer Versuch zu beobachten: Hier wird erfolgreich die Verantwortung für operative Tätigkeiten sowie für koordinative und strategische Themen auf vielen Schultern im Unternehmen verteilt.

Im Rahmen unserer Arbeit als Berater und Coaches helfen wir Kurswechsler den Unternehmen dabei, anders zusammenzuarbeiten, um den sich verändernden Bedingungen außerhalb der Organisation anpassungsfähiger und innovativer zu begegnen. Bestenfalls sind Unternehmen somit fähig, selbst starken Einfluss auf die Märkte zu nehmen, statt nur zu reagieren.

Selbstorganisation als Form anpassungsfähiger Zusammenarbeit

Das neue Zauberwort der Zusammenarbeit heißt Selbstorganisation. Gemeint ist in der Regel, dass Organisationsstrukturen eine Anpassung oder einen Wandel vollziehen. Kleine Teams entstehen, die aus max. 6-8 Personen bestehen. Sie bringen alle Kompetenzen mit, um mit möglichst wenig Abhängigkeiten zum Rest der Organisation und möglichst eigenständig ihre Arbeit verrichten zu können. Diese Teams sollten so eng wie möglich an den Märkten tätig sein. So können sie etwa bei Veränderungen von Kundenbedürfnissen o.ä. so schnell wie möglich agieren. Die notwendige Marktnähe begründet allmählich einen neuen Trend, der die Denkstrukturen der Unternehmen betrifft. Dieser Trend umfasst das Nachdenken auch über den Aufbau von Organisationen. Er beinhaltet die Erkenntnis, dass es hilfreich ist, Organisationen von außen nach innen, statt von oben nach unten zu denken.

Gerade unerfahrene selbstorganisierte Teams starten in der Regel sehr euphorisch in die neuen Arbeitsbedingungen, können sie doch endlich zeigen, was sie wirklich können. Durch autonomes und kollektives Handeln und andere Rahmenbedingungen, die sich positiv auf die Motivation der Menschen auswirken, entsteht viel positive Energie.
Und hier beobachten wir die ersten Schwierigkeiten, wenn es über das Übernehmen von Verantwortung zu den ersten Entscheidungssituationen kommt: Wer darf wann in den Urlaub gehen? Darf der Entwickler im Team auf die nächste IT Konferenz für 1000 EUR fahren? Ist eine Investition in teureres Arbeitsmaterial gerechtfertigt? – Das sind nur einige Beispiele von Fragestellungen, mit denen selbstorganisierte Teams konfrontiert werden. Was ist die Folge, wenn auf einmal keine Vorgesetzte oder kein Chef mehr greifbar ist, die sonst diese Dinge schnell beurteilen und entscheiden konnten? Wir erleben einerseits endlose Diskussionen, um zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Anderseits beobachten wir demokratische Abstimmungen über völlige Belanglosigkeiten. All diese Wege führen nicht gerade zu schnellen und pragmatischen Entscheidungen, sondern in erster Linie zu einer Menge Ungeduld und Frustration .

Von unserer eigenen Herausforderung zur Idee

Wir als Kurswechsler beschäftigen uns schon seit längerem mit unterschiedlichen Entscheidungsverfahren. Für uns selbst testen wir als selbstorganisiertes Team, wie wir in welchem Kontext Entscheidungen treffen wollen. Auch wir haben keine Führungskräfte, die uns Entscheidungen abnehmen. So müssen wir ständig üben und lernen, entlang welcher Prinzipien wir – als ein Kollektiv mit gegenseitigem Vertrauen –individuelle oder gemeinsame Entscheidungen treffen wollen.

Decision Poker als Prototyp

In Vorbereitung einer unserer regelmäßigen Kurswechseltage kam mir die Idee, das Thema Entscheidungsfindung auf eine spielerische Art und Weise anzugehen. Das Decision Poker wurde geboren!

Ich bastelte ein prototypisches Kartenset mit den wichtigsten Entscheidungsverfahren. Die Regeln erklärte ich den Kollegen in Anlehnung an das Delegation Poker von Jurgen Appelo, mit dem ebenfalls spielerisch die Frage „Wer entscheidet?“ beantwortet wird. Mir ging es beim Decision Poker aber vielmehr um die Frage „Wie entscheiden wir?“.

Decision Poker Prototyp
Der allererste Prototyp zur Idee: Decision Poker

Wir bestimmten nacheinander einige Entscheidungsfragestellungen, z.B. Bücher kaufen / neue Kollegen einstellen / Organisationsstruktur ändern etc. Im Rahmen des Spiels musste jede Kollegin und jeder Kollege verdeckt ein Entscheidungsverfahren auswählen, das sie oder er für am geeignetsten für die jeweilige Fragestellung hielt. Nach dem gemeinsamen Aufdecken begann der Austausch über die jeweiligen Sichtweisen. Alle haben viel Klarheit zu Entscheidungsnotwendigkeiten in unserem Team gewonnen, und das auf spielerische Art und Weise. Ein voller Erfolg!

In der folgenden Woche fand zufälligerweise das New Work Meetup Bremen statt, an dem ich häufiger teilnehme. Im Rahmen der Open Space Veranstaltung hat jeder Teilnehmer die Möglichkeit, eine eigene Session zu einem beliebigen Thema anzubieten. Ob Vortrag oder Austausch – alles ist möglich. Gut ausgestattet mit meinem Decision Poker Prototypen begab ich mich auf den Weg. Natürlich habe ich eine Session zum Thema Decision Poker angeboten. Es kamen ca. 15 Freiwillige zu der Session, so dass weder die Stühle noch die Anzahl meiner provisorischen Kartensets ausreichten. Trotzdem starteten wir die Spielrunde. Die Teilnehmer verstanden sehr schnell den Zweck und den Nutzen des Spiels. In der anschließenden Feedbackrunde kam die Idee gut bei den Teilnehmenden an. Besonders schmeichelhaft waren einzelne Teilnehmer, die sogar direkt eine Vorbestellung für ein Kartenset platzieren wollten…

Ein professionelles Kartenspiel entsteht

Angetrieben von den positiven Rückmeldungen fand ich in dem Meetup Besucher Ole Harders sowie meinen Kurswechsel-Kollegen Arne Schröder und Matthias Stache Mitstreiter für das nächste Vorhaben: Das Decision Poker im Rahmen einer weiteren Iteration auf professionellere Beine zu stellen! Einige Arbeitssessions später stand die überarbeite Liste der Entscheidungsverfahren fest, die es ins Spiel schaffen sollte. Schritt für Schritt entstanden die Visualisierungen, die Beschreibungen der einzelnen Entscheidungsverfahren und die Formulierung der Spielregeln.
Das Ergebnis findet ihr heute hier zum kostenlosen Download. Wir haben uns für eine sehr offene Creative-Commons-Lizenz entschieden, so dass jeder das Spiel weitergeben, weiterentwickeln und auch kommerziell nutzen darf, der uns als Urheber nennt.

Decision Poker
Das Karten-Set mit CC-Lizenz: Decision Poker von Kurswechsel

Wir freuen uns natürlich, wenn ihr das Decision Poker Spiel ausprobiert. Noch mehr freuen wir uns über Feedback darüber, wie das Spiel bei euch funktioniert hat, ob ihr Ideen dazu habt, was vielleicht noch fehlt oder was wir verbessern können.

Natürlich sind wir auch neugierig auf eure Meinung, ob wir das Spiel als echtes Kartenset produzieren lassen und hier zum Kauf anbieten sollten.

Also her mit eurem Feedback!

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